1. Entstehung von Weisel
Weisel wird schriftlich zum ersten Mal in einer Urkunde des Erzbischofs Adalbert I. in Mainz im Jahre 1128 erwähnt. Darin schenkt er dem Mainzer Domkapitel verschiedene Güter und Gefälle, darunter auch Geldeinkünfte aus „Wizzelo“ (Weisel), die von Wezilo herrührten, der von 1084-1088 Mainzer Erzbischof war (1). Weisel muss also zu Lebzeiten von Wezilo schon eine Weile bestanden haben. Während Kaub bereits in einer Rheingauer Urkunde von 983 als „Cube“ erwähnt ist (2), sind für Weisel und auch für das Nachbardorf Dörscheid bisher jedoch keine älteren Belege bekannt.
Für die in früheren Texten vertretene Auffassung, Weisel sei von den Herren von Wisilo gegründet worden, deren Nachfahren die Niederadeligen von Heppenheft (3) seien, gibt es keine historischen Belege. Die Herren von Wisilo sind eine Erfindung des 19. Jahrhunderts und haben nie existiert. Die Niederadeligen von Heppenheft sind zwar historisch gut belegt, haben Weisel aber sicher nicht gegründet. Der erste von ihnen, der 1126 urkundlich erwähnt ist, ist Conrad von Heppenheft, der zu der Zeit Dienstmann der Mainzer Erzbischöfe war. Er oder seine Vorfahren haben vor 1126 auf einem Sporn oberhalb von Forstbach und Krummebach an den Gemarkungsgrenzen von Weisel, Bornich und Niederwallmenach eine kleine Burg gebaut. Seine Nachfahren besaßen noch im 15. Jahrhundert einen Hof in Weisel.
Hellmuth Gensicke war der Ansicht, dass Weisel einer vorgermanischen Gruppe von Siedlungen angehört, deren Namen keltischen Ursprungs und damit vermutlich weitaus älter seien als das 6. Jahrhundert, in dem die Franken endgültig die Herrschaft über dieses Gebiet errangen (4). Aufgrund seiner Höhenlage, die mit ungünstigeren Siedlungsbedingungen verknüpft ist, war Otto Volk der Auffassung, dass Weisel erst im Zuge des hochmittelalterlichen Landesausbaus im 11. Jahrhundert gegründet worden sei, und zwar von Süden her (aus Richtung Kaub) (5). Die Rodung und Besiedlung der Weiseler Gemarkung kann aber genauso gut von Westen her (aus Richtung Bornich) erfolgt sein. Wenn der Weiseler Name keltischen Ursprungs ist, dann müssten im 10. oder 11. Jahrhundert zumindest schon Menschen in der Gegend gelebt haben, die diesen Namen neuen Siedlern überliefern konnten.
Wenn Weisel im Mittelalter neu besiedelt wurde, geschah dies vermutlich planvoll im Zuge des herrschaftlichen Landesausbaus – vielleicht im Auftrag der Trierer Erzbischöfe oder des Königs –, denn in der Ortsmitte befand sich ein herrschaftlicher Fronhof. Um ihn herum siedelten sich Dienstleute und freie Bauern an, für die schließlich eine eigene Pfarrkirche errichtet wurde (siehe dazu Kirchengeschichte). Dieser Fronhof, bis ins 19. Jahrhundert im Besitz wechselnder adeliger Herrschaften und der Stadt Kaub, bis er schließlich an Privatleute verkauft wurde, ist heute noch in der Mitte des Ortes in der Altpforter Straße 2 und 4 erhalten (6). Er liegt oberhalb einer Quellmulde, aus der sich bis heute die spätere Urbach speist, die bei Dörscheid in den Rhein fließt. Dies unterstützt die Deutung von Adolf Bach, der den Ortsnamen von Weisel auf einen Gewässernamen – Weißbach – zurückführt (7).
Ein im Jahre 1991 neben dem Dorf entdeckter römischer Grabhügel, bis dahin einzigartig auf der rechten Seite des Rheins, belegt, dass Teile der Weiseler Gemarkung schon in der Römerzeit besiedelt waren. Zumindest ein römischer Gutshof dürfte hier in der Nähe des Grabhügels gestanden haben. Der Ausgräber glaubte damals ältere Siedlungsspuren zu erkennen, konnte dies aufgrund der schlechten Erhaltungsbedingungen des Bodens aber nicht mit Sicherheit sagen. (8)
Ältere Bodendenkmäler sind aus dem Walddistrikt an der Straße nach Ransel und aus dem Kauber Wald an der Straße nach Sauerthal bekannt. Es sind Hügelgräber aus der Bronze- oder Eisenzeit, die entlang der früheren „Hohen Straße“, einem alten Höhenweg, angelegt worden sind. Auf weitere vorgeschichtliche, vermutlich keltische Siedlungs- oder Kultplätze deuten die Gemarkungsnamen Heiligenberg und Altekirch wie auch das Honhaus hin. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass auch in Weisel an den Quellmulden der hier entspringenden Bäche Hofgüter und Siedlungsplätze der sogenannten Hunsrück-Eifel-Kultur lagen, deren Träger die keltischen Treverer waren.
Anmerkungen:
1) Nassauisches Urkundenbuch, Nr. 98.
2) Nassauisches Urkundenbuch, Nr. 176.
3) Göttert, Margit: Die Niederadeligen von Heppenheft, im Internet veröffentlicht unter http://www.loreley.de/heppenheft/.
4) Gensicke, Hellmuth: Geschichtliche Grundlagen. In: Helmut Rang, Manfred Schick u.a.: Die deutschen Landkreise. Handbuch für Verwaltung, Wirtschaft und Kultur. Loreleykreis. Landeskundliche Kreisbeschreibung als Grundlage für Verwaltung und Landesentwicklung. Speyer am Rhein 1965, S. 67.
5) Volk, Otto: Wirtschaft und Gesellschaft am Mittelrhein vom 12. bis zum 16. Jahrhundert, Wiesbaden 1998.
6) Mehr dazu in unserer Publikation: Das Dorf Weisel. Geschichte der Häuser und ihrer Besitzer, Weisel 2012.
7) Bach, Adolf: Deutsche Namenkunde, Bd. 2: Die deutschen Ortsnamen, 2. Teil, 1953/54.
8) Leider ist der Grabungsbericht vom Landesdenkmalamt Koblenz bis heute unveröffentlicht, so dass auch die Absicht der Gemeinde, einzelne Grabfunde in Weisel auszustellen, bisher nicht verwirklicht werden konnte.